Individualsoftware vs. Standardsoftware: Eine Entscheidungshilfe
Wann lohnt sich Standardsoftware – und wann eine individuelle Lösung? Dieser Beitrag hilft bei der Entscheidung und zeigt, wie Sie passende Software für Ihre Geschäftsprozesse finden. Inklusive kostenlosem Whitepaper.

In vielen Unternehmen erleben wir dasselbe Phänomen: Eine neue Softwarelösung wird eingeführt – und statt Prozesse zu vereinfachen, entstehen neue Hürden. Oft liegt das Problem nicht in der Software selbst, sondern in der Passung. Die zentrale Frage lautet deshalb: Genügt eine Standardsoftware – oder braucht es eine individuelle Lösung, also eine Individualsoftware?
Standardsoftware deckt viele grundlegende Funktionen ab und kann schnell implementiert werden. Doch gerade in Bereichen mit komplexen oder einzigartigen Anforderungen stoßen diese Lösungen oft an ihre Grenzen. Unternehmen stehen dann vor der Herausforderung, Kompromisse einzugehen – oder gezielt in eine Individualsoftware zu investieren, die exakt auf die eigenen Prozesse und Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Dieser Beitrag unterstützt Sie dabei, die Vor- und Nachteile beider Ansätze zu verstehen und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Sie erfahren, wie Sie typische Stolperfallen vermeiden und welche Kriterien Ihnen bei der Auswahl helfen.
Am Ende des Artikels stellen wir Ihnen außerdem ein kostenloses Whitepaper zur Verfügung – inklusive Checkliste, die Sie durch den Entscheidungsprozess begleitet.
Individualsoftware – ja oder nein?
Ob sich eine Individualsoftware für Ihr Unternehmen lohnt, hängt von vielen Faktoren ab. Eine fundierte Entscheidung braucht deshalb Vorbereitung – keine spontane Bauchentscheidung.
In diesem Abschnitt erhalten Sie einen strukturierten Überblick über zentrale Fragen und Schritte, die Sie bei der Auswahl einer passenden Lösung unterstützen. Ziel ist es, eine Software zu finden, die Ihre individuellen Anforderungen erfüllt – und nicht umgekehrt.
Der erste Schritt beginnt bei den künftigen Nutzer*innen.
Nutzer*innen verstehen – Anforderungen richtig erfassen
Digitale Lösungen entfalten ihren Nutzen nur dann, wenn sie sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Nutzer*innen orientieren. Vor der Entscheidung zwischen Standard- und Individualsoftware sollten Sie deshalb folgende Fragen klären:
- Wer nutzt die Software künftig – intern wie extern?
- Welche Aufgaben sollen damit erledigt werden?
- Wo liegen heute die größten Hürden im Arbeitsalltag?
Führen Sie Interviews, nutzen Sie standardisierte Fragebögen oder organisieren Sie Workshops mit unterschiedlichen Gruppen. So sammeln Sie Perspektiven aus verschiedenen Unternehmensbereichen – etwa aus dem Support, Vertrieb, der IT oder dem Management.
Beobachten Sie zusätzlich reale Nutzungsszenarien – etwa am Arbeitsplatz. Dokumentieren Sie typische Abläufe und Herausforderungen. Diese Erkenntnisse bilden die Basis für die Definition realistischer, relevanter Anforderungen an Ihre Softwarelösung.
Anforderungen an die Software klar und prüfbar formulieren
Sobald die Bedürfnisse Ihrer Nutzer*innen bekannt sind, geht es an die Formulierung der Anforderungen. Diese sollten unabhängig davon erstellt werden, ob Sie sich für eine Standardsoftware oder eine Individualsoftware entscheiden. Die folgenden drei Prinzipien helfen dabei:
Konzentrieren Sie sich auf das WAS statt das WIE
Beschreiben Sie klar, welches Ziel mit der Software erreicht werden soll. Formulieren Sie Anforderungen aus Sicht der Nutzer*innen oder Geschäftsprozesse – nicht aus technischer Sicht. Technische Lösungen sollten erst später bewertet werden.
Formulieren Sie Anforderungen realistisch und überprüfbar
Sobald die Bedürfnisse Ihrer Nutzer*innen bekannt sind, geht es an die Definition konkreter Anforderungen. Diese bilden die Grundlage für die Gegenüberstellung von Standardsoftware und maßgeschneiderten Lösungen. Je klarer Ihre Anforderungen, desto einfacher wird die Entscheidung – auch im Hinblick auf Anschaffungskosten, langfristige Kosten und Vorteile.
Schreiben Sie aktiv, konkret und klar
Verwenden Sie klare Subjekte und präzise Aussagen. So wird die Anforderung auch für Dritte verständlich, ohne zusätzlichen Kontext. Eine saubere Dokumentation erleichtert die Abstimmung im Team und mit externen Partnern.
Die Einhaltung dieser Prinzipien unterstützt eine strukturierte Auseinandersetzung mit den eigenen Anforderungen und legt den Grundstein für eine tragfähige Entscheidung – egal ob Sie sich für eine Standardsoftware mit vordefinierten Funktionen oder für eine maßgeschneiderte Lösung entscheiden, die Wettbewerbsvorteile sichern kann.
Priorisierung: Die Entscheidung erleichtern mit der MoSCoW-Methode
Nicht alle Anforderungen sind gleich wichtig. Eine hilfreiche Methode zur Priorisierung ist MoSCoW – sie unterteilt Anforderungen in vier Kategorien:
Must have
Unverzichtbare Funktionen, ohne die die Lösung nicht nutzbar wäre
Should have
Wichtige Funktionen, die aber kurzfristig verzichtbar sind
Could have
Nützliche Zusatzfunktionen, die später ergänzt werden können
Won’t have
Derzeit nicht relevant, eventuell später. Anforderungen, die aktuell noch nicht berücksichtigt werden müssen, aber zu einem späteren Zeitpunkt relevant werden können
Auch nicht-fachliche Anforderungen miteinbeziehen
Neben den funktionalen Anforderungen spielen auch übergeordnete Faktoren eine wichtige Rolle. Diese nicht-fachlichen Aspekte beeinflussen maßgeblich, ob eine Standardsoftware genügt oder ob eine maßgeschneiderte Lösung langfristig die bessere Entscheidung für Ihr Unternehmen darstellt.
- Budget für die Software
Berücksichtigen Sie nicht nur die reinen Anschaffungskosten, sondern auch laufende Betriebskosten und Aufwände für Wartung oder Anpassung.
Einige Standardlösungen wirken auf den ersten Blick kostengünstig, können jedoch durch fehlende Passung später Mehraufwände verursachen.
Klären Sie außerdem, welches Zahlungsmodell für Sie sinnvoll ist – z. B. Einmalzahlung oder Lizenzmodell. - Zeitrahmen und Dringlichkeit
Überlegen Sie, in welchem Zeitraum die neue Lösung verfügbar sein muss.
Standardsoftware lässt sich oft schneller implementieren, bietet dafür aber weniger Flexibilität bei der Anpassung.
Ein zu enger Zeitrahmen kann die Entscheidung stark beeinflussen – besonders wenn bestehende Geschäftsprozesse schnell entlastet werden sollen. - Flexibilität und Änderungsanforderungen
Wie häufig ändern sich bei Ihnen Prozesse, Zuständigkeiten oder rechtliche Vorgaben?
Je dynamischer Ihre Umgebung ist, desto mehr spricht für eine Individualsoftware, die flexibel anpassbar ist.
Standardlösungen stoßen hier schnell an Grenzen – was zusätzliche Tools oder manuelle Workarounds erforderlich macht. - Weitere allgemeine Überlegungen
Wie wichtig ist Ihnen die Unabhängigkeit vom Hersteller oder Anbieter?
Wollen Sie die Kontrolle über Ihre Software langfristig selbst behalten?
Welche Anforderungen haben Sie an Datenschutz, Datenspeicherung oder Integrationen mit bestehenden Systemen?
Und nicht zuletzt: Welche Schulungen oder begleitenden Services benötigen Ihre Teams, damit die Einführung einfach und effizient gelingt?
Um sicherzustellen, dass Ihre Anwendung nicht nur Ihren fachlichen Anforderungen entspricht, sondern auch in Bezug auf Budget, Zeitrahmen und weitere Anforderungen optimal zu Ihren Bedürfnissen passt, sollten Sie diese nicht-fachlichen Aspekte sorgfältig berücksichtigen. Wenn Sie diesen Schritt gegangen sind, kann die Auswahl Ihrer Software beginnen. Nun stellt sich die Frage: Individualsoftware oder Standardsoftware?
Individualsoftware oder Standardsoftware? Die Entscheidung
In vielen Unternehmen werden rund 90 Prozent der Kernprozesse mit standardisierten Softwaresystemen unterstützt – etwa durch ERP-, CRM- oder Office-Anwendungen. Diese Lösungen basieren auf bewährten Strukturen, die sich im Arbeitsalltag vielfach bewährt haben. Typische Anwendungsbeispiele sind E-Mail-Kommunikation, Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation. Selbst spezialisierte Branchen setzen häufig auf etablierte IT-Standards, um effizient und kompatibel arbeiten zu können. In solchen Fällen bietet Standardsoftware eine pragmatische und bewährte Lösung.
Doch nicht alle Geschäftsprozesse lassen sich damit gleich gut abbilden. Insbesondere in Bereichen mit gewachsenen Strukturen, besonderen Datenschutzanforderungen oder individuellen Rollenverteilungen stoßen Standardlösungen an ihre Grenzen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob Prozesse an eine bestehende Software angepasst werden können – oder ob eine maßgeschneiderte Individualsoftware die langfristig bessere Entscheidung ist.
Standardsoftware: Die Vorteile
Standardsoftware ist in vielen Unternehmen die erste Wahl – vor allem bei Prozessen, die wenig individuelle Anpassung erfordern. Ihr größter Vorteil liegt in der sofortigen Verfügbarkeit und der schnellen Einsatzbereitschaft. Auch die Planbarkeit der Kosten überzeugt, da sich viele Lösungen an klaren Lizenzmodellen orientieren. Anbieter stellen häufig umfangreiche Schulungen und Dokumentationen bereit, was die Einführung erleichtert. Durch den modularen Aufbau lässt sich Standardsoftware oft unkompliziert erweitern – auch wenn diese Skalierung in der Praxis Grenzen hat.
Individualsoftware: Die Vorteile
Zudem führt die enge Orientierung an den tatsächlichen Arbeitsabläufen zu einer besseren Akzeptanz bei den Mitarbeitenden, da die Software intuitiver und nutzerfreundlicher wirkt.
Fazit
Die Wahl zwischen Standard- und Individualsoftware hängt stark von Ihren Geschäftsprozessen ab: Sind diese weitgehend etabliert und standardisiert, kann Standardsoftware Vorteile bei Zeit und Kosten bringen. Wenn jedoch Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und individuelle Funktionen im Vordergrund stehen, lohnt sich der Blick auf eine maßgeschneiderte Lösung.
Eine fundierte Entscheidung berücksichtigt sowohl fachliche als auch nicht-fachliche Anforderungen – etwa Budget, Zeitrahmen oder die geplante Nutzung. Wer klar priorisiert, schafft die Grundlage für eine nachhaltige, zukunftsfähige Softwarelösung.