Zum Seiteninhalt springen
7. Mai 2025

Digitale Barrierefreiheit ab 2025: Gesetze und praktische Anforderungen im Überblick

Ab Juni 2025 wird digitale Barrierefreiheit zur Pflicht – aber was bedeutet das für Ihr Unternehmen? Wir erklären die wichtigsten Gesetze, Begriffe und Anforderungen, die Sie jetzt kennen sollten.

Barrierefreiheit: Gesetze und Anforderungen

Wir bringen Licht ins Dunkel: In diesem Artikel erklären wir, wie die Gesetze und Richtlinien zur digitalen Barrierefreiheit zusammenhängen und welche konkreten Anforderungen sich daraus für Ihre Website ergeben. Dies alles für den Fall, dass Sie zur Umsetzung von Barrierefreiheit verpflichtet sind.

Zusammenhänge zwischen den Barrierefreiheitsgesetzen und -richtlinien

Der Ursprung der Barrierefreiheitspflicht: Die EU-Richtlinie 2019/882 (EAA)

Die Grundlage für die gesetzliche Verpflichtung zur digitalen Barrierefreiheit ist die Richtlinie (EU) 2019/882, auch bekannt als European Accessibility Act (EAA). Sie wurde auf EU-Ebene beschlossen und verpflichtet alle Mitgliedstaaten, Regelungen zu schaffen, die den barrierefreien Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen sicherstellen.

Nationale Umsetzung der EU-Richtlinie: BFSG und BITV

Zur Umsetzung dieser EU-Richtlinie in deutsches Recht gibt es zwei zentrale Regelwerke:

  • Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) regelt die Barrierefreiheit für private Unternehmen, z. B. für Online-Shops, Banken oder Plattformbetreiber. Es tritt am 28. Juni 2025 in Kraft.
  • Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) gilt für öffentliche Stellen wie Behörden, Schulen oder Ministerien. Sie besteht bereits seit 2011, wurde aber 2019 angepasst.

Beide Vorschriften schreiben vor, dass digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestaltet sein müssen. Was sie aber nicht liefern, ist eine technische Detailbeschreibung.

Der technische Standard der Umsetzung des nationalen Rechts: EN 301 549

Sowohl das BFSG als auch die BITV verweisen auf sogenannte harmonisierte europäische Normen – und hier kommt die EN 301 549 ins Spiel. Sie legt als technischer Standard fest, wie Barrierefreiheit konkret umzusetzen ist.

Die EN 301 549 gilt damit als praktische Anleitung, wenn es darum geht, digitale Inhalte wie Websites, Apps, Software, Dokumente oder Hardware für alle zugänglich zu machen.

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Ein zentrales Kapitel der EN 301 549 ist Kapitel 9, das sich speziell mit Webinhalten beschäftigt. Dort werden die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) eingebunden.

Die WCAG wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und gelten weltweit als Standard für barrierefreies Webdesign. Die aktuelle Version WCAG 2.1 enthält 78 Erfolgskriterien, die in drei Stufen eingeteilt sind:

  • A: Basisanforderungen (z. B. Alternativtexte für Bilder)
  • AA: Empfohlener Standard (z. B. Farbkontraste, Tastaturbedienbarkeit)
  • AAA: Erweiterte Anforderungen (z. B. besonders einfache Sprache)

Die Stufen A und AA sind für die gesetzliche Barrierefreiheit verbindlich. Diese Anforderungen werden in der EN 301 549 technisch konkretisiert.

So greifen alle Regelungen ineinander

  • Die EU-Richtlinie 2019/882 (EAA) macht Barrierefreiheit europaweit zur Pflicht.
  • Deutschland setzt das um durch das BFSG (für private Anbieter) und die BITV 2.0 (für öffentliche Stellen).
  • Beide Regelwerke verweisen auf die EN 301 549 als technischen Umsetzungsstandard.
  • Diese Norm wiederum basiert bei Webinhalten auf den WCAG 2.1.

Wenn Sie durch das BFSG oder die BITV verpflichtet sind, Barrierefreiheit umzusetzen, dann gilt Ihre Website als barrierefrei, wenn sie der EN 301 549 entspricht. Sie erfüllen damit automatisch die gesetzlichen Anforderungen.

Barrierefreie Website: Für wen ist das Pflicht?
Ob Ihr digitales Angebot ab 2025 barrierefrei sein muss, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag.
Barrierefreiheit: Pflicht für wen?

Beispiel Ein barrierefreier Online-Shop in Deutschland

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland, das einen Online-Shop betreibt. Sie möchten wissen, ob Sie zur Umsetzung von Barrierefreiheit verpflichtet sind und falls ja, was Sie denn genau eigentlich umsetzen müssen.

Welche Gesetze gelten für das Unternehmen?

Für private Anbieter wie Sie…

  • gilt das BFSG, weil es sich um ein privatwirtschaftliches Angebot handelt (sofern keine Ausnahmen bestehen).
  • gilt ab dem 28. Juni 2025 durch das BFSG die gesetzliche Verpflichtung, digitale Angebote barrierefrei zugänglich zu machen.

So setzen Sie Ihre Anforderungen um

Wenn Ihr Online-Shop unter das BFSG fällt, müssen Sie ab dem 28. Juni 2025 folgende Anforderungen erfüllen, damit Ihre Website nach EN 301 549 als barrierefrei gilt.

Einhalten der WCAG 2.1 auf Level AA

Die WCAG 2.1 auf Level AA halten Sie ein, wenn Sie folgendes beachten: 

  • Kontraste: Texte müssen gut lesbar sein (z. B. kein hellgrau auf weiß)
  • Alternativtexte für Bilder
  • Tastaturbedienbarkeit für alle Funktionen
  • Formulare mit Labels und sinnvoller Reihenfolge
  • Klare Seitenstruktur und Navigation

Was Level AA im Detail bedeutet: Eine vollständige Liste aller Anforderungen auf Level AA der WCAG 2.1 finden Sie direkt beim W3C (World Wide Web Consortium) in einer gut strukturierten Übersicht – inklusive Filtermöglichkeiten nach Level, Technik und Inhaltstyp. Dort können Sie gezielt prüfen, welche Punkte für Ihre Website relevant sind.


Barrierefreie Dokumente bereitstellen

Alle PDFs oder sonstige Downloads müssen mit Tags, Alternativtexten und logischer Lesereihenfolge ausgestattet sein.

Barrierefreie Videos

  • Untertitel (synchron und dauerhaft sichtbar)
  • Audiodeskriptionen bei Bedarf
  • Bedienbare Video-Player mit Tastaturzugänglichkeit


Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlichen

Eine gut auffindbare Seite, die Auskunft darüber gibt:

  • Welche Inhalte barrierefrei sind (und welche nicht)
  • Datum der letzten Prüfung
  • Kontaktmöglichkeit für Feedback


Feedback-Möglichkeit einrichten

Nutzer*innen müssen Barrieren melden können – z. B. über ein Formular oder eine Mail-Adresse.

Barrierefreien Support bereitstellen

Auch Ihre Hilfeseiten, Chats, FAQs und Support-Kanäle müssen für alle zugänglich sein.

Fazit Von der Richtlinie zur Praxis

In der folgenden Tabelle sind nochmals alle relevanten rechtlichen Grundlagen übersichtlich zusammengefasst. So erhalten Sie einen schnellen Überblick über die wichtigsten Regelungen im Bereich digitale Barrierefreiheit. Wenn Sie als Unternehmen der Verpflichtung aus dem BFSG nachkommen müssen, genügt es nicht, nur „irgendwie barrierefrei“ zu sein.

Sie müssen die EN 301 549 erfüllen – und damit auch die WCAG 2.1 auf Level A und AA umsetzen. 

So wird aus einer EU-Richtlinie ein klarer Fahrplan mit konkreten Maßnahmen – und Ihr digitales Angebot ist nicht nur gesetzeskonform, sondern auch für alle Nutzer*innen uneingeschränkt zugänglich. Gleichzeitig schaffen Sie damit die Grundlage für eine inklusive Nutzererfahrung, stärken das Vertrauen in Ihre digitale Lösung und positionieren sich als verantwortungsbewusstes und zukunftsorientiertes Unternehmen im digitalen Raum.

Gesetz/RichtlinieFunktion
EU-Richtlinie 2019/882 (EAA)Gibt den Anstoß – Barrierefreiheit europaweit gesetzlich verankern
BFSG (Deutschland)Nationale Umsetzung der EU-Richtlinie, regelt wer betroffen ist
BITV 2.0Nationale Umsetzung, die die Umsetzung für Öffentliche Stellen (z. B. Behörden) regelt
EN 301 549Der technische Standard, der vorgibt, wie Barrierefreiheit erreicht wird
WCAG 2.1Grundlage für Kapitel 9 der EN 301 549 (Webinhalte)

Unser Angebot im Bereich Barrierefreiheit im Web

In unserem Training lernen Teams praxisnah, Barrierefreiheit gesetzeskonform und nachhaltig in digitale Prozesse zu integrieren. Dabei stehen Standards, Tools und Übungen im Fokus.

Unser Accessibility- & Usability-Test prüft Ihre Website auf Barrieren und liefert konkrete Empfehlungen zur rechtskonformen Optimierung.

Denn: Inklusion ist nicht nur ethisch richtig, sondern auch ein echter Wettbewerbsvorteil.